Die Prinzessin und der Wilderer by Dahl Roald

Die Prinzessin und der Wilderer by Dahl Roald

Autor:Dahl, Roald [Roald, Dahl]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-12-14T05:00:00+00:00


DER CHIRURG

«Sie haben sich hervorragend erholt », sagte Robert Sandy und nahm hinter dem Schreibtisch Platz.«Ein rundum gelungener Heilungsprozeß. Ich glaube, Sie brauchen jetzt nicht mehr zu mir zu kommen.»

Der Patient zog sich fertig an und wandte sich dann an den Chirurgen:«Darf ich Sie bitte noch einen Augenblick sprechen?»

«Aber gern », sagte Robert Sandy.«Setzen Sie sich doch.»

Der Mann nahm gegenüber dem Arzt Platz, beugte sich vor und stützte die Hände mit den Handflächen nach unten auf die Schreibtischplatte.«Vermutlich weigern Sie sich noch immer, ein Honorar anzunehmen?»sagte er.

«Ich habe noch nie ein Honorar genommen und beabsichtige nicht, auf meine alten Tage von meinen Prinzipien abzuweichen », gab Robert Sandy vergnügt zurück.«Ich arbeite ausschließlich für den National Health Service, und der zahlt mir ein sehr anständiges Gehalt.»

Dr. med. Robert Sandy, Facharzt für Chirurgie und Mitglied des Royal College of Surgeons, arbeitete seit 18 Jahren am Radcliffe-Hospital in Oxford und war 52 Jahre alt. Er war verheiratet und hatte drei erwachsene Kinder. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen stand ihm der Sinn nicht nach Ruhm und Reichtum. Er war ein im Grunde bedürfnisloser Mensch, der ganz in seiner Arbeit aufging.

Mittlerweile waren sieben Wochen vergangen, seit sein Patient nach einem schweren Verkehrsunfall in der Banbury Road unweit des Hospitals mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme eingeliefert worden war. Er hatte lebensgefährliche Unterleibsverletzungen erlitten und war bewußtlos. Als aus der Notaufnahme nach dem diensthabenden Arzt telefoniert wurde, trank Robert Sandy nach einem anstrengenden Arbeitsmorgen, in dessen Verlauf er eine Gallenblase und eine Prostata operiert und eine Cholezystektomie vorgenommen hatte, oben in seinem Dienstzimmer eine Tasse Tee. Aus irgendeinem Grund schien er in diesem Augenblick der einzige zur Verfügung stehende Operateur zu sein. Er trank noch einen Schluck Tee, ging zurück in den Operationssaal und machte sich sogleich wieder an die Arbeit.

Der Patient überlebte die dreieinhalbstündige Operation. Robert Sandy hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um ihn zu retten. Tags darauf ließ der Mann zur großen Überraschung des Arztes Anzeichen dafür erkennen, daß er durchkommen würde. Mehr noch: Er war bei klarem Bewußtsein und sprach zusammenhängend. Erst da, am Morgen nach der Operation, war Robert Sandy klargeworden, daß er eine wichtige Persönlichkeit vor sich hatte. Drei würdige Herren von der saudiarabischen Botschaft, darunter der Botschafter persönlich, erschienen in der Klinik und wollten als allererstes diverse berühmte Chirurgen aus dem Königlichen Krankenhaus in der Harley Street als Berater hinzuziehen. Doch der Patient, über dessen Bett zahlreiche, durch Schläuche mit seinem Körper verbundene Flaschen hingen, schüttelte den Kopf und flüsterte dem Botschafter etwas auf arabisch zu.

«Er möchte nur von Ihnen behandelt werden », sagte der Botschafter zu Robert Sandy.

«Es steht Ihnen jederzeit frei, einen Arzt Ihrer Wahl zu konsultieren », sagte Robert Sandy.

«Nicht wenn er es nicht wünscht », sagte der Botschafter.«Er meint, Sie hätten ihm das Leben gerettet, und er vertraue Ihnen völlig. Wir müssen seinen Willen respektieren.»

Und dann erzählte der Botschafter Robert Sandy, daß sein Patient kein Geringerer sei als ein leibhaftiger Prinz. Mit anderen Worten – es handelte sich um einen der vielen Söhne des derzeitigen Königs von Saudi-Arabien.



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